Professor Menges wird in Gernsbach/Baden geboren und studiert nach Kriegsdienst und mehrjähriger Kriegsgefangenschaft ab 1949 Maschinenbau an der damaligen TH Stuttgart, wo er 1955 mit einer Arbeit zum Sprödbruchverhalten von Metallen zum Dr.-Ing. promoviert. Anschließend wechselt er zunächst in die Eisenhüttenindustrie, wendet sich aber schon bald der aufkommenden Kunststoffindustrie zu und wird 1965 auf den neu eingerichteten Lehrstuhl für Kunststoffverarbeitung der TH Aachen berufen, den er bis zu seiner Emeritierung 1989 innehat. Gleichzeitig wird ihm die Leitung des Instituts für Kunststoffverarbeitung an der RWTH Aachen übertragen.
Schnell etabliert sich Menges als kreativer Impulsgeber und dynamischer Manager des nun rasch wachsenden Instituts und es gelingt ihm, zahlreiche Firmen der noch jungen Kunststoffbranche als Kooperationspartner und Mitglieder der IKV-Fördervereinigung zu gewinnen. Sehr früh erkennt er den Nutzen der Verbindung von Wissenschaft und Wirtschaft und entwickelt diese zum Leitbild und Markenkern des IKV an der RWTH Aachen. Mit der rasant zunehmenden Nachfrage nach Kunststoffanwendungen entwickelt sich die Kunststofftechnik auch als Wissenschaftsdisziplin und Menges etabliert das IKV Aachen als führendes Forschungs- und Ausbildungsinstitut, das sich der gesamten Themenpalette von der Werkstofftechnik über die Konstruktionstechnik bis hin zu den vielfältigen Verfahren zur Ver- und Bearbeitung von Kunststoffen widmet.
Dabei entdeckt er neue Entwicklungen und Methoden aus benachbarten Disziplinen für die Kunststofftechnik: In der Motorenforschung begegnet ihm ein Drucksensor, den er in Kooperation mit der Industrie zum Werkzeuginnendrucksensor entwickelt. Er ist Pionier der Automatisierung und hat Computer Integrated Manufacturing als Vorläufer zur Industrie 4.0 maßgeblich der Kunststofftechnik zugänglich gemacht – auch wenn er anfangs für seine Bemühungen belächelt wurde, Spritzgießprozesse mit (raumgroßen) Computern zu regeln. Daneben erkennt Menges bereits früh die Chancen, die sich durch den Einsatz numerischer Simulationsverfahren für die Berechnung von Wärme- und Stofftransport in Kunststoffverarbeitungsprozessen ergeben, und entwickelt am IKV Aachen entsprechende Programme.
Nach dem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst befasst sich Menges insbesondere mit dem Recycling von Kunststoffen, regt zahlreiche Projekte hierzu an, arbeitet an Patenten und verfasst dazu Bücher. Die zunehmende Nachfrage nach qualifizierten Kunststoffingenieuren veranlasst Menges, die Einrichtung eines eigenen Studiengangs zu betreiben, und so wird an der RWTH Aachen 1970 erstmalig an einer Universität die Studienrichtung „Kunststofftechnik“ angeboten. Unkonventionelle Lehrmethoden – so muss aus Gründen der Anschaulichkeit auch mal eine Spritzgießmaschine in den Hörsaal geschafft werden –, eine praxisorientierte Ausbildung und sein besonderes Charisma führen zu regem Zulauf, so dass Menges am Ende seiner aktiven Laufbahn auf über 1.000 in seiner Wirkungszeit ausgebildete Diplom-Ingenieur*innen und mehr als 200 Promotionen zurückblicken kann. Darüber hinaus wurden mehr als 20 seiner Absolventen*innen Hochschullehrer.
Neben einer guten fachlichen Ausbildung war ihm die Entwicklung von Persönlichkeiten wichtig, die in Industrie und Wissenschaft Verantwortung übernehmen können. Mit diesem Anspruch und einem großen Engagement als Mentor und Ratgeber erlangten zahlreiche Absolventen*innen des IKV Aachen zentrale Führungspositionen in der Kunststoffindustrie und in der Forschung. Besonders förderte Menges Ausgründungen und begleitete Absolvent*innen und Doktorand*innen auf dem Weg in die Selbständigkeit. Für seine Verdienste um die Kunststofftechnik wurden Menges zahlreiche hohe nationale und internationale Auszeichnungen zuteil. Besonders hervorzuheben, weil sich hierin Breite und Tiefe der Wertschätzung seines Wirkens wiederspiegeln, sind die Verleihung des Verdienstkreuzes 1. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland sowie des Handwerksabzeichens in Gold, die Aufnahme in die Plastics Hall of Fame der Plastics Academy, USA, die H.F. Mark-Medaille, Österreichs größte polymerwissenschaftliche Auszeichnung (1985) sowie die Verleihung der Ehrendoktorwürde der Montanuniversität Leoben (2016) für seine weltweit anerkannten wissenschaftlichen Leistungen und der seit den späten 60-Jahren des letzten Jahrhunderts gepflogenen guten Beziehungen zwischen der Montanuniversität und dem IKV an der RWTH Aachen.
Die RWTH Aachen University und das dortige IKV sowie die Kunststofftechnik an der Montanuniversität Leoben und die weltweite wissenschaftliche Gemeinschaft verlieren mit Professor Menges einen engagierten Pionier und Förderer sowie einen besonderen Freund. Wir werden Professor Georg Menges ein stetes und ehrendes Gedenken bewahren.
Ein letztes Glück auf!
Walter Friesenbichler